ISABELL REILING arbeitet in unterschiedlichen Techniken, ihr Werk ist seriell angelegt. Sie findet so jeweils adäquate formale Lösungen, um ihrer Wahrnehmung der Umwelt bildhaft Ausdruck zu verleihen. Ihre Sicht geht dabei über das visuell Erfahrbare hinaus: das Interesse an soziologischen und philosophischen Fragestellungen und ihre Überlegungen zum Miteinander der Menschen im digitalen Zeitalter fließen in die Bildgestaltung ein.
Besonders reizvoll ist, dass ihr künstlerisches Konzept dabei über die Vermittlung von Inhalten hinaus geht und gleichzeitig eine Reflexion über das Medium und über den künstlerischen Prozess beinhaltet.
In den Acrylgemälden etwa kombiniert sie figürliche Motive mit minimalistisch-konstruktiven Mitteln: so tritt der Mensch als einzelne Figur, auch als Paar oder Gruppe in Erscheinung. Beziehungen untereinander und zum Raum werden thematisiert – „Interaktion Mensch“ nennt die Künstlerin ihr Konzept. Indem das realistische Abbild bis zu einem gewissen Grad reduziert und abstrahiert wird, ist dem Betrachter Spielraum zur inhaltlichen Deutung gegeben. Über die Verwendung des binären Codes „01“ - mal als flächendeckende Struktur mal zur Konturierung - verortet die Künstlerin ihre Bilder aber doch eindeutig im digitalen Zeitalter.
Phänomene der Gegenwart werden auch über das Medium Fotografie erfasst. Wie beiläufig spürt die Künstlerin Motive im urbanen Raum auf. Jeweils bestimmt sie den Blickwinkel und wählt die Ausschnitte so, dass sich fast eine Balance ergibt zwischen objektiv-technischen und subjektiv-gestalterischen Faktoren. Ihren ästhetischen Reiz bezieht die Serie letztlich (wieder) aus der Verschränkung formaler Elemente wie Struktur, Transparenz und Spiegelung mit inhaltlichen Aspekten, wie Ordnung, Wahrnehmung und Reflexion.
Isabell Reiling gelingt in ihrem Schaffen ein dynamisches Wechselspiel: ihren konzeptuellen Anspruch löst sie ein ohne dogmatisch zu sein, zugleich sensibilisiert die Ästhetik ihrer Werke den Betrachter für kunstimmanente und darüber hinaus weisende Fragestellungen.
Autorin: Claudia Scheller-Schach M.A. (Kunsthistorikerin)